Ein sehr trauriges Gedicht über das Alleinsein.

Schritte


Er deckt den Tisch, denn das gibt ihm Halt,
der Kaffe ist frisch, und wird langsam kalt.
Und er sitzt nur da, und sie schau'n ihn bloß an.
Und es ist offenbar, es geht nicht voran.

Er kann nicht ertragen, wie still es hier ist.
Würde ihn[en] gerne sagen, wie er sie vermißt.
Doch läßt er es bleiben und senkt seinen Blick:
Es geht keinen Schritt vorwärts und keinen zurück.

Doch am Ende hält er es dann nicht mehr aus
und schreit seine Liebe verzweifelt heraus.
Niemand trocknet die Tränen auf seinem Gesicht.
Sie würde es gern tun, doch kann's einfach nicht.

Was soll sie auch machen, es ist halt zu spät.
Die Micky-Maus-Schale, die unberührt steht,
hat auch schon lange kein Kind mehr entzückt.
Es geht keinen Schritt vorwärts und keinen zurück.

Er räumt alles weg, vor Kummer ganz krank
stellt als letztes ihr Foto zurück auf den Schrank.

Der Hörerreporter war früh schon vor Ort
per Telefonschaltung meldet er sich zu Wort:
„Auf der B76 ein schrecklicher Stau“ -
„Kann man etwas sehen?“ - „Leider nicht sehr genau.

Eine Rauchsäule hebt sich zum Himmel empor“
„Können Sie nicht dichter ran? Fahr'n sie doch etwas vor.“
„Hier kommt man nicht weiter, nicht mal ein Stück.
Es geht keinen Schritt vorwärts und keinen zurück.“
Es geht keinen Schritt vorwärts und keinen zurück.

Er selbst sah es erst in der tagesschau
Es war sein Kind und es war seine Frau,
die im Hintergrund sichtbar in den Flammen verglühn.
Dahinter die Sonne, die damals noch schien

Er schaut's immer wieder ein innerer Zwang
ein brennendes Auto - sekundenlang
doch er kann nicht wegsehen und wird fast verrückt
Es geht keinen Schritt vorwärts und keinen zurück.

Die Zeit läuft nicht weiter seit jenem Tag
er sitzt sie ab, sitzt alleine im Park.
Auf dem Spielplatz daneben, das kann er seh'n
dreht das Karussel Runden als wär nichts gescheh'n.

Doch zuhause herrscht Stille, es ist nicht viel mehr
als nur nutzlose Hülle, völlig sinnlos und leer.
Verblichen die Spuren von früherem Glück.
Es geht keinen Schritt vorwärts und keinen zurück.

Er geht in ihr Zimmer, denn dort scheint es ihm
ist noch alles wie immer, da steht ihr Parfüm
Er nimmt nur ein wenig, eine Spur nur ein Hauch
und der Duft ist nur flüchtig wie die Erinnerung auch.

Doch er saugt alles auf und zieht sich dann
langsam noch einmal den teuren Anzug an
denn in dem hat er sich schon einmal getraut
schwor ewige Treue einer glücklichen Braut.

Und die löst er jetzt ein, denn er kann nicht zurück
Er steht auf dem Hocker, prüft noch einmal den Strick,
und macht einen Schritt vorwärts, dann bricht sein Genick
Er macht einen Schritt vorwärts und keinen zurück.