Ratschläge für angehende Poetry Slammer

Die Slamszene ist eine lebendige Szene und ständig gibt es neue Poeten, die gerne an Poetry Slams teilnehmen wollen. Die Teilnahme an Slams und der Einstieg in die "Slamszene" ist sehr einfach, weil sich diese als prinzipiell offene Szene begreift. Allerdings ist der erste Schritt immer ungewohnt und man weiß nicht immer genau, was zu tun ist oder was "üblich" ist. Insofern möchte ich versuchen, einen groben Leitfaden für angehende Slammer zu schreiben, wobei dieser nur als Anhaltspunkt zu verstehen ist, da die Slamszene wie gesagt offen ist und es daher keine oder zumindest kaum fest stehende Regeln gibt, die von allen gleichermaßen praktiziert werden.


Selbst auftreten

Die meisten Slams sind prinzipiell für alle Teilnehmer offen. Am besten besucht man den Slam, auf dem man gerne auftreten möchte im Vorfeld zumindest einmal als Zuschauer, um die Gepflogenhieten kennenzulernen und zu sehen, welche Auftrittsmöglichkieten bestehen. Da die Zahl der Startplätze wegen der Zeitdauer der Gesamtveranstaltung meist auf etwa zehn Plätze begrenzt ist, sollte man versuchen, sich vorher beim Slam anzumelden, um sicher einen Startplatz zu haben. Dazu nimmt man direkten Kontakt zum Veranstalter oder zum Moderator des Slams auf. Die Kontaktdaten findet man auf der Webseite des Slams oder man spricht den Moderator in einer ruhigen Minute, am Besten nach einem Slam, an. Bei einigen Slams ist auch eine Anmeldung am gleichen Abend vor Beginn des Slams möglich.
Wer eine Zusage bekommen hat, sollte in jedem Fall dann auch am Slam teilnehmen oder zumindest rechtzeitig absagen, da der Veranstalter mit den Slammern plant und sonst Lücken im Line-Up entstehen.


Texte

Um überhaupt sinnvoll an einem Poetry Slam teilzunehmen, braucht man im Vorfeld meist zwei Texte, die man vortragen kann. Der zweite Text ist für das eventuelle Erreichen der Finalrunde gedacht. Da nur sehr wenige in der Lage sind, ohne Vorlage spontan ("Freestyle") Texte zu improvisieren, muss man diese vor der Veranstaltung fertig stellen. Alle vorgetragenen Text muss man selbst verfasst haben.

Der Inhalt der Texte steht den Poeten frei. Lediglich bei besonders "harten" und provokanten Inhalten, sollte man abwägen, ob diese noch von der künstlerischen Freiheit gedeckt sind, oder ob sie die Grenzen des guten Geschmacks überschreiten. Es empfiehlt sich, im Vorfeld zumindest einmal einen Poetry Slam als Zuschauer zu besuchen, um einen Eindruck von der Bandbreite der dort vorgetragenen Texte zu bekommen. In jedem Fall wichtig ist es, das Zeitlimit einzuhalten. Dieses betrrägt je nach Slam meist 5 Minuten, 6 Minuten oder 7 Minuten und kann auf der Webseite oder direkt bei den Veranstaltern erfragt werden. Darüber hinaus dürfen keine Requisiten außer dem Textblatt verwendet werden und es darf nicht oder nur in geringem Umfang gesungen werden.

Für Anfänger geht es nicht notwendig darum, gleich besonders gute Texte vorzutragen und den Slam beim ersten Auftritt zu gewinnen. Auch ein weniger professioneller Text hat seinen festen Platz beim Slam und ist dort wichtig. Trotzdem sollte man sich natürlich Mühe geben und versuchen, einen interessanten Text zu verfassen.


Workshops

Wer sich nicht traut, direkt ins kalte Wasser zu springen oder wer die Teilnahme an einem Poetry Slam lieber vorher üben möchte, könnte auch überlegen, an einem Workshop teilzunehmen. Hier werden einem üblicherweise wichtige Informationen und Techniken vermittelt, die einem beim Schreiben von Poetry Slam Text als auch beim Auftritt auf der Bühne helfen. Oftmals werden solche Workshops von öffentlichen Trägern wie etwa Schulen oder Jugendzentren veranstaltet, um insbesondere junge Menschen zum Verfassen und Vortragen von Texten zu animieren. In solchen Fällen werden die Kosten für den Workshop als gemeinnützige Veranstaltung oft ganz oder teilweise vom Veranstalter übernommen. Falls ein solches Angebot aktuell nicht existiert, kann man eventuell auch anregen, ein solches Angebot zu ermöglichen. Üblicherweise werden Workshops von aktiven Poetry Slammern gehalten, die ihr Wissen in die Kurse einbringen können. Hier kann man direkt einen Workshop-Veranstalter (z.B. Kiezpoeten in Berlin) anfragen. Oder falls man keinen Workshop-Anbieter in seiner Nähe findet, kann man den örtlichen Slamveranstalter um Rat bitten. Da Workshops ein recht verbreitetes Mittel sind, sind in der Zwischenzeit nicht wenige erfolgreiche Poetry Slammer aus solchen Workshops hervorgegangen.


Slamtouren

Da Reisen immer etwas aufwändiger ist, machen Slammer, wenn sie nicht ohnehin gerade zufällig in der fremden Stadt sind, meist kleine Touren, wo sie mehrere zeitlich und örtlich passend liegende Slams besuchen. Teilweise legen Veranstalter ihre Slams gezielt so, dass solche Touren möglich sind. Prinzipiell gilt das oben Gesagte auch dann, wenn man auf Slams in anderen Städten teilnehmen will. Auch hier kann sich meist jeder anmelden, man sollte aber bedenken, dass sich die Gepflogenheiten von denen, auf dem Heimatslam gewohnten, unterscheiden können.

Der entscheidende Unterschied zur normalen Anmeldung entsteht erst, wenn man vom Veranstalter in der fremden Stadt Unterstützung erwartet. In den meisten Fällen lädt ein Veranstalter immer einige externe Slammer zu seiner Veranstaltung ein und sorgt bei diesen für eine Übernachtungsunterkunft und zahlt die anfallenden Fahrtkosten (Faustregel: Preis von Bahnfahrt mit Bahncard 50). Diese Unterstützung muss jedoch immer vorher abgesprochen sein. In vielen Fällen sucht sich der Veranstalter die externen Slammer selbst aus und spricht diese von sich aus an ("er lädt sie ein"). Wenn man eingeladen wird, kann man davon ausgehen, dass man Unterkunft und Fahrtkosten gestellt bekommt, sollte dies aber im Zweifelsfall noch einmal abklären.

Wenn man sich "selber einladen" möchte, muss man also den Veranstalter kontaktieren, um eine solche Einladung zu erhalten. Üblicherweise schreibt man dazu eine Email. Da Veranstalter viele solcher Emails erhalten, sollte sie vernünftig formuliert sein. Neben den generellen Hoflichkeitsregeln für Emails gehört dazu, dass man klar schreibt, was man will und wer man ist. Dazu gehört der Name und eine kurze(!) Vorstellung. Außerdem kann ein Verweis auf bisherige Erfolge oder, wenn vorhanden, Youtube-Videos helfen. Im besten Fall kann man zudem eine Empfehlung von einem bekannten Slammer vorweisen.

Meist ist es günstig, vor einer Selbsteinladung einen erfahrenen Slammer zu befragen. Dieser hat oft Kontakte und kann Empfehlungen aussprechen und er kann nicht zuletzt einschätzen, wie der "Marktwert" eines Neulings ist. Denn die Bezahlung von externen Slammern kostet die Veranstalter Geld und in den meisten Fällen laden sie darum vorzugsweise Slammer ein, die sie für besonders gut halten, um ihrem Publikum etwas zu bieten. Wenn eine Anfrage abgelehnt wird, ist das nicht böse gemeint, sondern ein Kosten-Nutzen-Problem. Jeder Slammer ist wertvoll für die Szene, aber nicht bei jedem Slammer wartet der Veranstalter brennend darauf, diesen einzuladen und dessen Kosten zu decken.