Spam im Internet besiegen heißt Terror mit Terror bekämpfen

Terrornetzwerker


Neulich habe ich mit meiner Oma im Internet aufgeräumt. Eigentlich ist es gar nicht meine Oma, aber letztlich macht das ja auch keinen Unterschied und immerhin kennt Sie einige wirklich schmutzige Wörter.

„Hallo Junge, was machst Du denn da schon wieder?“
„Emails beantworten.“, sage ich knapp.
„Sehe ich.“
„Solltest Du aber nicht. Ich mag es nämlich nicht, wenn man mir ständig über die Schulter guckt.“
„Kann ich verstehen.“, sagt Oma und schaut skeptisch auf die Email mit der Werbung für Penisverlängerung auf meinem Bildschirm.
„Es ist nicht so wie Du denkst.“, sage ich und drehe mich zu ihr um.
„Natürlich nicht. In solchen Situationen ist es erstaunlicherweise nie so wie man denkt.“
„Nein, wirklich nicht. Ich versuche doch nur, ein paar Menschen glücklich zu machen.“
„Ich weiß.“, sagt Oma mitfühlend. „Aber das ist der falsche Weg, glaub' mir.“
„Jetzt ist aber gut.“, sage ich genervt, „Ich tue das doch nicht für mich.“
„Ach?“, fragt Oma erstaunt, „Soll es etwa ein Geschenk werden?“

„Blödsinn. Ich versuche doch nur, etwas gegen die ganzen Spam-Emails zu tun, die man ständig im Postfach findet.“
„Oha.“, sagt Oma, „Und wie willst Du das anstellen?“
„Indem ich einfach mal versuche, denen zu helfen. Wenn nämlich jemand die Probleme der Spammer lösen würde, dann wird vielleicht auch der ganze Spam weniger.“
„Und deshalb machst Du jetzt eine Penisverlängerung?“
„Quatsch, ich suche lediglich unter den anderen Spam-Emails jemanden, der eine Penisverlängerung gebrauchen kann und dem ich die Email einfach weiterleiten kann. Im Idealfall hat der sogar etwas anzubieten, was der erste brauchen kann und am Ende ist dann beiden geholfen und das Spam-Aufkommen wird gleich doppelt reduziert.“, erkläre ich. „Allerdings bringen mich Penisverlängerungen immer etwas in Schwulitäten.“

„Warum das?“, fragt Oma und wirkt dabei irgendwie mäßig interessiert.
„Weil es da immer schwer fällt, einen Abnehmer zu finden. Hier zum Beispiel ist ein Mukabu Kutabali aus Nigeria, der dringend jemanden sucht, der ein Bankkonto mit 38 Millionen US-Dollar übernehmen will.“
„Na, der hätte doch dann auf jeden Fall genug Geld.“
„Das schon, aber der braucht vermutlich keine Penisverlängerung. Die Afrikaner sind da ja naturgemäß recht gut bestückt. Da muss ich eher einen Russen finden oder noch besser einen Asiaten. Aber bei denen kann man die meisten Emails gar nicht richtig lesen.“
„Aber da ist doch eine Mail aus Russland.“, zeigt Oma.
„Ja, von Tatjana18. Das ist auch eher ungünstig.“
„Und nun?“
„Ich weiß noch nicht.“, muss ich zugeben. „Vielleicht schicke ich ihm einfach etwas Neutrales. Dass es Unregelmäßigkeiten bei seinem 'PlayPal'-Account gab und er sein Konto aktivieren muss. Dann ist er zumindest eine Weile beschäftigt.“
„Warum schreibst Du ihm nicht einfach, dass er Dich in Ruhe lassen soll?“
„Habe ich schon einmal gemacht. Aber danach habe ich nur noch viel mehr Emails bekommen. Und persönlich beschweren geht leider auch nicht, weil die ja alle anonym sind und keiner rausfinden kann, wer das ist.“

„Ach, wenn dass nur Dein Problem ist, dann schreib' ihm doch einfach: 'Sehr geehrter Herr Dong Silver, meine Brüder haben mir ihr Angebot wärmstens empfohlen. Ich habe Interesse an einer ordentlich stabilen Rakete mit großer Reichweite und ordentlich Bumms, denn in zwei Monaten möchte ich nach Amerika reisen und es richtig krachen lassen und dort alles flachlegen. Der Preis spielt keine Rolle, aber ich vertraue auf ihre Diskretion. Möge Allah sie dafür ewig entlohnen. Ihr ergebener Khalid bin Mohammed.'“.
„Und Du meinst das hilft?“
„Ich fürchte, wir werden es nie erfahren. Aber, wenn man glauben kann, was man so hört, bin ich da recht zuversichtlich.“



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