Eine alternative Fassung des Gedichts von der Schwalbe auf dem Eriesee.

John Maniac


Die „Schwalbe“ fliegt über den Baggersee
Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee
Vom Steg her schießt sie wie ein Blitz
nur Tretpedale und Schalensitz
Auf den Bug hat jemand 'nen Haifisch gemalt
Der Mietpreis, der wurde im Voraus bezahlt.

Ein blauer Sonntag liegt über dem Land
froh sitzen die Leut' in der Sonne am Strand
Ganze Familien mit Kindern und Frauen
Der Steuermann beginnt schon zu schaun
Er schaut nach vorn, schaut in die Rund
noch dreißig Minuten – halbe Stund.

Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei;
eine Entenfamilie schwimmt vorbei.
Sie kreuzen den Weg von dem rasenden Boot -
ein dumpfer Knall und alle sind tot.
Die Küken war'n grad mal drei Tage alt
und noch 20 Minuten hat er bezahlt.

Und schon erspäht der Steuermann
einen Schwimmer voraus in der Bahn.
Der sieht das Unglück, taucht gerade noch ab
und verpaßt daher die Rettung nur knapp.
Der Rumpf verfehlt ihn in voller Fahrt
Doch am Ende da ist noch das Schaufelrad.
Er hört wie dieses den Schwimmer zermahlt
und noch fünfzehn Minuten hat er bezahlt.

Der Zugwind wächst, der ihm entgegen weht
er hat ein neues Ziel erspäht:
Ein schönes Schiff namens „Räuberbraut“
aus Holz und Leinstoff selbst gebaut.
Er tritt wie besessen und stürmt heran.
In seinen Augen blitzt der Wahn.
Die Passagiere knien ängstlich am Heck
doch Hoffen und Beten hat keinen Zweck
Schiff und Schiffsvolk nur Leichen schon bald
und noch zehn Minuten hat er bezahlt.

Leute am Strand sind zusammen gekommen,
verfolgen den Wahnsinn wie benommen.
Über den See ihr Erbeben schallt;
er reißt's Ruder rum mit letzter Gewalt
Und in die Brandung über Klippe und Stein
jagt er die „Schwalbe“ mitten hinein
Beim Aufschlag am Strand kommt er aus dem Tritt,
doch ein halbes Dutzend nimmt er noch mit.
Das Schiff geborsten und alles krakeelt.
Keiner gerettet, doch einer fehlt

Trotz aller Suche bleibt er verschwunden
und dreht längst woanders seine Runden



Eine Version dieses Textes ist erschienen in*:
- Torsten Wolff: "Würde ist ein Konjunktiv" beim Blaulicht-Verlag

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