Eine satirische Abrechnung mit Hunden und Katzen und Ihren Haltern.

Parkretter


Neulich bin ich mit meiner Oma im Park gewesen. Eigentlich ist es gar nicht meine Oma, aber letztlich macht das ja auch keinen Unterschied und außerdem erlaubt mein Vermieter keine Haustiere.

Einen Besuch im Stadtpark muss man stets mit Vorsicht genießen, denn wenn man nur einen Augenblick nicht aufpasst, kann einem schnell ein Unglück geschehen. „Scheiße“, sage ich und betrachte den dicken braunen Haufen, in den ich gerade hineingetreten bin.

„Jahaha, hier man höllisch aufpassen“, sagt ein agiler Endvierziger mit einem belustigten Selbst-Schuld-Unterton. „Das ist mir aber auch schon mal passiert.“ fügt er jovial hinzu, während sein Dackel am Wegesrand sein Geschäft verrichtet.
„Das ist das Paradebeispiel eines Hundescheiße-Arguments.“, gestehe ich anerkennend zu.
„Ist das eine Begründung dafür, in Hundescheiße zu treten?“
„Nein, nur der sinnlose Zuspruch, den man bekommt, wenn einem ein Maleur geschieht und dann jemand sagt, das sei ihm auch schon mal passiert. Das macht es dann nämlich immer gleich viel weniger schlimm.“
„Finden sie … heh, was tun Sie da?“
„Ich mache nur meinen Schuh wieder sauber und ich finde, Ihr Hund hat dafür genau die richtige Höhe.“
„Die richtige Höhe? Was fällt Ihnen denn ein? Sie sind doch überhaupt gar nicht in den Haufen von meinem Bertram getreten.“, ruft der Mann aufgeregt.
„Wissen Sie, ich setze da einfach auf ein abstraktes Verursacherprinzip.“, sage ich, „Sie können ja schließlich nicht von mir verlangen, dass ich für jeden Haufen hier den dazu gehörigen Hundehalter ermittle.“

„Was soll denn das für eine Scheiße sein?“ echauffiert sich der Mann und schaut pikiert seinen Dackel an.
„Woher soll ich das wissen? Von der Größe des Haufens her vielleicht ja eine Dogge“, vermute ich.
„Was habe ich denn mit dieser Dogge zu tun?“
„Wie gesagt, ich betrachte das Haufenproblem eher als gemeinschaftlich begangenes Verbrechen und Sie damit folgerichtig als Mittäter.“
„Das ist aber nicht richtig so.“
„Das finde ich auch,“, sage ich versöhnlich, „Aber so selbstverständlich wie Sie Ihren Hund eben noch auf den Weg haben kacken lassen, hätte ich nicht gedacht, dass Sie es so schnell einsehen würden.“

„Ich sehe überhaupt gar nichts ein. Der Park ist schließlich für alle da.“
„Na, dann muss ich vermutlich immerhin froh sein, dass Sie nicht auch noch Ihren Hausmüll mitgebracht haben, um ihn hier abzuladen.“
„Das kann man doch gar nicht vergleichen. So ein kleines Häufchen fällt doch kaum ins Gewicht und außerdem machen das doch alle so.“
„Das ist ja genau das Problem, denn bei den fünf Millionen Hunden, die es in Deutschland gibt, entsteht so jedes Jahr ein Kackehaufen von der Größe des Eiffelturms – und zwar massiv und ohne die ganzen Hohlräume.“
„Naja, Paris ist halt die Stadt der Liebe und Liebe geht eben durch den Magen.“, sagt der Mann in einem Anfall spontanen Humors.

„Nun kommen Sie mal nicht so kosmopolitisch. Ich bin ja auch ein bisschen in der Welt herumgekommen und was Sie da sagen, stimmt so einfach nicht. Ich hatte nämlich auch mal einen Hund.“, wirft Oma ein, „Als ich damals in Thailand war. Da habe ich aber nichts gemerkt von 'Liebe geht durch den Magen' und geschmeckt hat der Köter auch noch nicht einmal.“
„Sie haben einen Hund gegessen? Das ist ja pervers und unmenschlich.“
„Kein bisschen, in anderen Ländern ist das sogar völlig normal.“
„Dann sind das da eben auch alles unmenschliche Barbaren.“
„Ich finde, das klingt jetzt aber ein wenig rassistisch, nicht wahr?“
„Wenn die Schlitzaugen Hunde essen, dann ist das pervers. Das hat mit Rassismus nichts zu tun.“
„Achso, dann habe ich das wohl falsch verstanden.“

„Genauso wie Sie 'Liebe geht durch den Magen' falsch verstanden haben. Ich meinte damit, dass Sie einen Hund gut füttern sollen, um seine Zuneigung zu gewinnen.“
„Mach' ich ja schon die ganze Zeit.“
„Was machen Sie die ganze Zeit?“
„Na, Ihren Hund füttern.“
„Sie können doch nicht einfach meinen Hund füttern. Was haben Sie ihm denn gegeben?“
„Trockenpflaumen.“, sagt Oma, „Ein ganzes Kilo. Verabreicht mit viel Liebe und einem großen Schuß Rizinusöl.“
„Sind sie denn völlig verrückt geworden? Der Bertram ist heute den ganzen Nachmittag allein in meiner Wohnung.“
„Ist ja eigentlich auch ein Haustier, nicht wahr? Sehen Sie es doch einfach als Selbsterfahrung und als Gradmesser Ihrer Liebe.“, sagt Oma,
    „Komm Junge, wir gehen. Wir wollten ja noch Avocado und Zartbitter kaufen für die Katzen, die sich immer im Sandkasten auf dem Kinderspielplatz rumtreiben.“



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